Nun ja, wir sind ja nicht nur zum Sightseeing hierher gekommen. Wir haben die Woche genutzt, um unser Spanisch aufzubessern und haben die ganze Woche durch die Schulbank gedrückt. Und das in den Ferien! Ganz schön bekloppt, wird sicher jemand sagen, aber ich sage nur, das war bitter nötig, denn bisher kommen wir kaum voran mit der Sprache. Das liegt natürlich daran, das wir schon ein bisschen aus dem günstigen Alter zum Sprachen lernen heraus sind, aber vor allem liegt es daran, dass wir in Bariloche einfach zu viel Deutsch sprechen, mit den Kollegen in der Schule und mit den vielen deutsch-stämmigen Argentiniern außerhalb der Schule... Birgit und ich hatten schon mal probiert, miteinander nur noch castellano zu sprechen,
Ein anderer Umstand stellt uns weit mehr zufrieden: Die Temperaturen hier in Córdoba sind wie erhofft für den Winter sehr angenehm, pendeln im Moment zwischen 12 und 18 Grad Celsius. Letzte Woche, vor unserer Ankunft, soll es aber auch hier mal kurz geschneit haben, zum ersten Mal nach 70 Jahren! Wie übrigens auch in Buenos Aires nach 90 Jahren zum ersten Mal wieder, aber das war ja schon in den Nachrichten in Deutschland. Am Montagmorgen musste ich mir dann auch mal schnell einen Pulli kaufen, da es doch noch recht kühl war, was allerdings auch an dem reichlichen Schatten lag, den die Hochhäuser spenden. Ein günstiger Pulli für umgerechnet 13 Euro war aber schnell gefunden. Überhaupt wundert mich immer wieder, was es hier alles zu kaufen gibt, nicht nur hier in Córdoba, sondern auch in Buenos Aires (claro!), aber auch in Bariloche und den (paar) anderen Städten, in denen wir bisher waren. Man sieht es besonders an den zahllosen Handy-, Klamotten- und Schuhgeschäften, die mir am meisten auffallen. (Deren Zahl könnte wirklich noch höher sein als die der Geländewagen in Bariloche.) Es gibt eigentlich nichts, was es in Argentinien nicht zu kaufen gäbe, die Frage ist nur, wer kauft das alles? Denn nicht alles ist so günstig wie ein Pulli, und selbst der Preis von 54 Peso ist kein Sonderangebot. Die lezte Wirtschaftskrise, während der unter anderem Privatkonten eingefroren und nach der Entkoppelung des Peso vom Dollar nur noch ein Drittel der Gelder wieder aufgetaut wurden, liegt erst sechs Jahre zurück. Der Peso war plötzlich nur noch ein Drittel wert, doch die Hypotheken blieben bestehen. Mancher verlor dadurch den Gegenwert eines ganzen Hauses. Außerdem leben 34 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze - "angeblich", muss man angesichts des Marktangebots fast sagen, auch wenn ich das natürlich nicht wirklich bezweifle, ich brauche nur an die vielen Holzhütten in den Außenbezirken Bariloches, den Gürtel rund um Córdoba oder die Papphütten unter den Stadtautobahnen von Buenos Aires zu denken und schon passt es mit den 34 Prozent wieder. Aber auch die anderen 66 Prozent leben natürlich nicht in Reichtum, das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt mit 900 Peso (300 Euro) nur knapp über der Armutsgrenze, das durchschnittliche Haushaltseinkommen liegt bei 1600 Peso (400 Euro), eine gute 3-Zimmer-Wohnung ohne großen Luxus kostet in Buenos Aires zwischen 1000 und 3000 US-Dollar monatlich. US-Dollar! Wer soll das alles also kaufen? Die argentinische Wirtschaft gibt mir noch so einige Rätsel auf, aber davon vielleicht später mehr, jetzt sind erstmal wieder Ferien angesagt. Am Sonntag geht es weiter, wohin wissen wir aber noch nicht so genau, das Land ist einfach so groß und vielfältig, dass wir uns kaum festlegen wollen, nur die grobe Richtung steht fest: West-Nordwest.
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