Dienstag, 2. Dezember 2008

Neue Fotos

Endlich... nach langer Durststrecke gibt es wieder neue Fotos zu sehen. Sieben neu Alben stehen dem Argentinien-Fan in unserem Picasa-Webalbum zur Verfügung, besonders für diejenigen, die bald dieses Land bereisen wollen und wie wir eine Rundreise durch den schönen Norden des Landes machen wollen. Zu sehen gibt es folgendes:
- Salta
- Quebrada de Humahuaca
- Purmamarca
- Cuesta de Obispo
- Misiones

Außerdem druckfrisch und ganz aktuell: Ein Bootsausflug auf dem See Nahuel Huapi sowie ein spektakulärer Segelflug über die Umgebung von Bariloche.

Freitag, 28. November 2008

Crearte

Hier mal ein Eindruck von meiner Arbeit (als Volunteer) bei Crearte, dem "Centro Cultural para personas con discapacidades". Hier verbringen von Montag bis Freitag 50 bis 60 Menschen mit geistigen Behinderungen ihren Tag und haben die Mögichkeit, an vielen verschiedenen tallers (Arbeitsgemeinschaften) teilzunehmen und somit ihren Interessen nachzugehen und ihre Fähigkeiten weiter auszubauen. Ich selbst helfe in der Marionetten- und Nähwerkstatt sowie in der Schreinerei mit und habe mitunter viel Spaß mit den Leuten vor Ort.

Die Initiative besteht seit 1995 und ist hat sich immer wieder weiterentwickelt. Viele Dinge werden der Öffentlichkeit zum Verkauf angeboten, darüber hinaus gibt es regelmäßig Tanz-, Theater- und Percussion-Aufführungen, die sich lohnen. Wenn alles klappt, wird die Theatergruppe im Juni nächsten Jahres auf Deutschland- und Schweiztournee sein und in Stuttgart ihr Theaterstück "Tanguearte" aufführen. Hoffen wir, dass nichts dazwischen kommt.




Samstag, 22. November 2008

Des Argentiniers wahre Seele

Davis-Cup-Finale im Tennis, Argentinien gegen Spanien, die Sandplatzspezialisten aus Spanien sind nicht nur wegen Tarzan Nadal haushoher Favorit, Argentinien jedoch bekommt Heimrecht und darf Austragungsort und Bodenbelag bestimmen. Die Krux an der Geschichte ist, dass auch die Argentinier eher auf Sand als auf Hartplatz gewinnen. Und, es gibt kein echtes Tennisstadion, selbst für das größte Turnier des Landes in Buenos Aires (ATP-Status mit 531.000 USD Preisgeld!) werden Stahltribünen aufgebaut, die das enthusiastisch grölende und hüpfende Publikum fast zu Fall bringt. Nach langen Diskussionen um Ort und Belag, die in der heimischen Presse genüsslich ausgebreitet werden, entscheidet man sich für Mar del Plata an der Atlantikküste, mit 600.000 Einwohnern immerhin noch die siebtgrößte Stadt Argentiniens, aber auch die Heimat von Tennis-Legende Guillermo Vilas, der gleich mal für irgendwas geehrt wird, nomen est omen. Und man verlegt einen Hartplatz, um die Chancen zu steigern. Als dann auch noch Rafa Nadal wegen Übermüdung und Schmerzen absagt, kippen die Wettquoten und TyC Sports darf sich auf noch höhere Einschaltquoten freuen.

Und wer jetzt denkt, ich hielte mit den Gauchos, der irrt. Denn was hier abgeht, ist typisch argentinisch, hochmütig und selbstgerecht, kokett und chauvinistisch, Klischee wie es im Buche steht. In den lokalen Medien liest man: "Die argentinischen Fans glüten vor Inbrunst und verwandelten das Stadion 'Islas Malvinas' in einen Hexenkessel. (...) La Bombonera (Stadion von Boca Juniors) eingezwängt in einen Tennisplatz." Was sich hier während der Matches abspielt, habe ich im ganzen Tennis noch nicht gesehen. Das Publikum der Australien-Open und der US-Open, das in der Szene als laut und manchmal unhöflich bekannt ist, weil die Fans schonmal hörbar Partei ergreifen, nimmt sich dagegen wie leise Konzertränge aus. Ununterbrochene Fangesänge, laute Schlachtrufe mit Trommeln und Trompeten begleiten jeden Ballwechsel, gellende Pfeifkonzerte, Zwischenrufe und Buh-Rufe erschallen bei jedem Aufschlagfehler, die Fehler und besonders die Doppelfehler der Gegner werden bejubelt, und sogar während der Aufschlagvorbereitung der Iberer und während der Ballwechsel ebbt das Gegröle nicht ab - ein Tabu im Tennis. Das Westfalenstadion beim Revier-Derby ist nichts dagegen, sowas kannte man vielleicht noch aus den besseren Tagen der DEG an der Brehmstraße, heute allenfalls noch mit der Anfield-Road oder Old Trafford vergleichbar. Die Argentinier zeigen hier ein Verhalten, das an Unsportlichkeit und Arroganz nicht zu überbieten ist, die Gesänge gehen deutlich unter die Gürtellinie, nur ein Beispiel: "A estos putos maricones les tenemos que ganar." (Gegen diese gef... Schwu... müssen wir gewinnen.")

Aber so ist er eben, der Argentinier, fanatisch und egoistisch, und dazu eben ein wenig heimtükisch und gewissenlos, wenn es um sein Wohl geht. Der Stuhlschiedsrichter hebt beschwichtigend die Arme und bittet unablässig um Ruhe, ohne jeden Erfolg, immerhin versucht auch der argentinische Coach, die Meute zu beruhigen. (Ich habe noch nie einen Tennisschiedsrichter so viel reden hören.) Um so bewundernswerter ist die Ruhe der spanischen Spieler, die nach den ersten drei Partien mit 2 zu 1 führen, da Fernando Verdasco und Feliciano Lopez das Doppel nach Satzrückstand für sich entscheiden (5-7, 7-5, 7-6, 6-3). Morgen stehen die entscheidenden beiden Einzel an, für mich ist die Entscheidung jedoch schon gefallen, Europameisterschaftsfinale hin oder her, egal ob die Iberer hier den ungleichen Kampf gegen tausende Irre gewinnen oder verlieren, sie haben meine ganzen Sympathien. Und jetzt können sie auch mal dem verzweifelten toro gegen übermächtige Toreros nachfühlen.


Nachtrag: Spanien gewinnt den Davis-Cup nach 2000 und 2004 durch den entscheidenen Sieg von Fernando Verdasco mit 3 zu 1, das letzte Einzel wurde nicht mehr gespielt. Da können wir uns wohl 2012 auf den nächsten Sieg der Spanier einstellen.

Sonntag, 16. November 2008

Weiter Richtung Norden

Mit zwei Koffern ging es nach meiner Fortbildung in Buenos Aires weiter nach Misiones, der nordöstlichsten Provinz Argentiniens. Wie ein Dorn ragt sie aus dem Land in die beiden Nachbarländer Paraguay und Brasilien. Grenzen bilden die Flüsse Paraná, Iguazú und Uruguay. Das Klima ist subtroptisch mit warmen feuchten Sommern. Einst war die Provinz Teil des atlantischen Regenwaldes, der ursprünglich mit seiner Fläche von zwei Millionen Quadratkilometern auch große Teile von Brasilien und Paraguay bedeckte. Heute sind nur noch sieben Prozent dieses Waldes vorhanden. In den letzten Jahrzehnten fielen weite Teile verschiedensten Industrie- und Landwirtschaftsprojekten zum Opfer, so zum Beispiel dem Anbau von Eukalyptus-Monokulturen zur Papier- und Zellstoffherstellung, Tabak, Tee, Yerba und Soja… Der atlantische Regenwald beherbergt eine Fülle von Tiere und Pflanzen, deren Bestände seit Beginn der Abholzungen immer weiter zurückgehen.

Immer weiter zurückgedrängt und von ihrer Existenz bedroht werden dadurch auch die Ureinwohner dieser Gegend, die seit über 2000 Jahren dort im Einklang mit der Natur ihr Überleben sichern konnten. Die Rede ist von den Guaraní-Indianern, ein Volk von Jägern und Sammlern, die im atlantischen Regenwald einst alles zur Verfügung hatten, was sie zum leben brauchten. Dabei nahmen sie sich vom Wald und der Natur stets nur das, was sie zum Überleben brauchten, wie zum Beispiel Früchte, Wurzeln und Samen, aber auch Fisch und frisch gejagtes Wild stand einst auf dem Speiseplan. An einem Ort angekommen bauten sie solange Mais und Maniok an (denn diese wachsen relativ schnell), bis die Erde unfruchtbar wurde, und wanderten weiter, bis sie einen neuen Ort gefunden hatten. Dabei waren sie oft sehr lange unterwegs und legten unvorstellbare Entfernungen zurück. Mit der Einwanderung der Europäer veränderte sich das Leben der Guaraní, viele wurden versklavt und misshandelt. Ab 1608 kamen die ersten Jesuiten in die Region, bekehrten viele Guaraní, die fortan in den Jesuitenredukionen lebten und so der Sklaverei entkamen, bis nach vielen, teilweise auch kriegerischen Auseinandersetzungen, der spanische König die Guaraní 1767 vertreiben ließ und die Reduktionen auflöste. Die Gebäudereste dieser Reduktionen können auch heute noch bestaunt werden und wurden teilweise sogar von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Die Guaraní zogen sich wieder in die Wälder zurück und versuchten an die alte Kultur anzuknüpfen. Mit dem Bau der ersten Verkehrswege, der beginnenden Landrodung und der aufkommenden Landwirtschaft begann sich jedoch die Situation der Guaraní immer weiter zu verschlechtern. Heute ist die Lage des mittlerweile vom Aussterben bedrohten Volkes katastrophal. Durch die Abholzung des Waldes verlieren die Indianer jegliche Lebensgrundlage, durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft werden zunehmend Flüsse und Gewässer vergiftet, das Jagen ist reduziert, sodass das Fangen eines Tieres eine seltsame Ausnahme darstellt. Die Ernährung ist mittlerweile sehr einseitig. Die Regierung hat der indigenen Bevölkerung Land zugesprochen, das unzumutbarer nicht sein kann: Kein Zugang zum Wasser, unfruchtbarer Boden, sodass der Anbau von Mais und Maniok nur eingeschränkt möglich ist. Unter- und Mangelernährung sind die Folge. Viele Infektionskrankheiten machen sich breit, Kinder husten und haben Dauerschnupfen. Die Lebenserwartung liegt bei 40 Jahren Seitens der Regierung existieren Hilfsprogramme, Initiativen und sogar Gesetze, die sich um den Erhalt der indigene Bevölkerung kümmern sollen. Die finanziellen Mittel scheinen vorhanden zu sein; leider wohl nur auf dem Papier, denn bisher erreichen sie nicht ihr Ziel. Gründe dafür gibt es viele: Schlecht oder gar nicht arbeitende Staatsdiener, Korruption und Vetternwirtschaft. Um dennoch den Schein zu waren, werden Nonsensprojekte realisiert. So sehe ich zum Beispiel beim Besuch der Guaraní, dass die Regierung jeder Siedlung eine Solarzelle zur Verfügung gestellt hat. Auf mein Nachfragen hin, wird meine Bewunderung schnell getrübt. „Das Ding bringt uns gar nichts. Erstens hat es nur zwei Wochen funktioniert und zweitens kann man damit nicht mehr als einen Ventilator anschließen“, und tatsächlich: In dem daneben stehenden Holzverschlag hängt tatsächlich an der Decke ein kleiner Ventilator.
Fortsetzung unten

Samstag, 15. November 2008

Hilfe für die Guaraní

Eine kleine Hoffnung gibt es für die Guaranís: Ein Ehepaar aus dem Saarland gründete Mitte der 1990er Jahre die so genannte Guaraní-Hilfe e.V. und leistet seitdem Unvorstellbares. Ihr Ziel ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, damit die Guaraní lernen sich in der veränderten Umgebung zurecht zu finden, Alternativen zu finden, überleben zu können. Trotz vieler Hindernisse und Rückschläge sind sie bis heute nicht müde geworden, ihre ganze Kraft und Zeit in die Verbesserung der Lebensbedingungen der Guaraní zu widmen und sich für deren Rechte einzusetzen, denn „schließlich sind wir, die Mitglieder der Konsumgesellschaft, ja für die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage mitverantwortlich“, meint der Vorsitzende. Eigentlich wollte ich nur einen Koffer Kleider abgeben, weil ich durch Telefonate mit dem Ehepaar über die Not und die Problematik erfahren hatte. Durch einen Zufall ergab sich aber dann ein Zusammentreffen mit dem Vereinsgründer, der einen Tag zuvor aus Deutschland angereist war, um einige wichtige Dinge vor Ort voranzutreiben.

So ergab sich für mich die einmalige Möglichkeit mit ihm und Estela, die vor Ort immer erste Ansprechpartnerin ist, in die Siedlungen zu fahren, die sonst für mich niemals zu erreichen gewesen wären. Wir fuhren von der Stadt etwa eine Stunde tief in das Land hinein. Von Wald kann zwar durch die vielen Rodungen nicht mehr gesprochen werden, dennoch bekam ich zum ersten Mal einen Eindruck, wie wohl ein Regenwald aussieht. Das Grün, was ich hier zu sehen bekam, beeindruckte mich sehr. Die Farben schienen intensiver und viel satter, das Grün der Bäume und das Rot der Erde ergaben einen starken Kontrast, andere Farben schienen fast nicht vorhanden zu sein. Auch wenn ich die ganze Fahrt auf der Ladefläche eines Geländewagens sitzend jede kleinste Wurzel, jedes Steinchen und jede Pfütze zu spüren bekam, war die Fahrt für mich ein Erlebnis. Wir besuchten insgesamt drei Guaraní-Siedlungen, meist einfache Hütten aus Naturmaterialien. Man erklärte mir, dass es zurzeit schwierig sei, neue Hütten zu errichten, da die für den Bau nötige Bambusart alle 32 Jahre stirbt, was kürzlich der Fall war. Bis neues Baumaterial heranwächst, dauert es einige Jahre. Den Guaraní, die ich getroffen habe, geht es verhältnismäßig gut, denn hier hat sich dank der Guaraní-Hilfe so einiges getan: In fast allen Siedlungen stehen Waschhäuser und Toiletten zur Verfügung. Die Kinder haben die Möglichkeit zumindest eine Grundschule zu besuchen, was aber mit langen Schulwegen verbunden ist. Dort stehen neben zwei Klassenzimmern auch ein Speisesaal und einige Werkstätten zur Verfügung. In einem Dorf gibt es eine Destillationsanlage zur Herstellung von ätherischen Ölen, die verkauft werden. Eine Schreinerei wurde errichtet, zurzeit läuft die Ausbildung und Unterweisung im Umgang mit den Maschinen. Es gibt eine Nähwerkstatt, in der Altkleider ausgebessert werden, einen Medizinalgarten und ein Erste-Hilfe-Haus. Darüber hinaus wurde in der Stadt ein Internat errichtet, das den Kindern den Besuch der weiterführenden Schule ermöglicht. Wenn die Wetter- und die Straßenlage es erlaubt, fahren sie am Wochenende zurück in ihre Siedlungen.

Der Spagat zwischen dem Kulturerhalt und den nötigen Anpassungen an die neuen Bedingungen ist nicht einfach. So ziehen es einige Kinder im Internat vor, nicht auf Matratzen zu schlafen (das sei nur etwas, wenn es wirklich kalt ist), manchmal gibt es Schwierigkeiten sich an gewisse Regeln zu halten. Es gibt eine Fülle von einzelnen Projekten und Vorhaben, die auf der vereinseigenen Homepage beschrieben werden. Zusammenfassend kann man sagen, dass bisher Unglaubliches geschaffen wurde, um dem Volk der Guaraní eine neue Lebensgrundlage bieten zu können, die darauf ausgerichtet ist, unabhängig und selbständig zu sein. Daher wurde man während dieses Tages auch nicht müde zu betonen, dass den Guaraní nichts geschenkt werde, ihnen werde lediglich die notwendige Infrastruktur zur Verfügung gestellt und Unterricht erteilt, um nachhaltig für sich sorgen zu können. Almosen und Schenkungen gäbe es nicht, Alles, was man zusätzlich braucht (Kleidung, Nahrung etc.) muss abgekauft werden. Auch wenn es Materialspenden gibt, wie zum Beispiel meinen Koffer voller Altkleider, so werden diese nicht einfach unter dem Volk verteilt, sie werden gegen ein entsprechendes Entgelt abgegeben. Geld erhalten sie durch den eigenen Anbau von Tee, die Gewinnung von ätherischen Ölen und in Zukunft auch durch die eigene Schreinerei. Darüber hinaus sind die Guaraní künstlerisch und handwerklich sehr begabt und verkaufen schöne Kunstgegenstände.

Für mich hat diese Reise in eine andere Welt einen bleibenden Eindruck hinterlassen, und meine Hochachtung gilt dem Ehepaar Hartmann, das bisher große Dinge erreicht hat. All die realisierten Projekte entstanden allein durch diese Privatinitiative, was ich beachtlich finde. Leider erreicht das Ehepaar mit ihren Bemühungen nur einen kleinen Teil der indigenen Bevölkerung, fünf bis zehn Prozent schätzungsweise. Wie es dem Rest ergeht, ist gar nicht auszudenken. Von daher kann ich die Guaraní-Hilfe jedem empfehlen, der den ein oder anderen Groschen locker sitzen hat und Gutes tun will. Ich werde es tun. Das Geld ist garantiert in guten Händen und kann Großes bewirken, das durfte ich mit eigenen Augen erleben. Noch viel mehr Informationen gibt es auf der Seite der Guaraní-Hilfe e.v., zum Beispiel den ausführlichen Bericht „Die Guaraní, das vergessene Volk Argentiniens“.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Wieder auf vier Beinen...

...diesmal aber sind es die Beine der Porteños (Einwohner von Buenos Aires), über die Interessantes zu berichten ist. Dann und wann nämlich schwingen sich zwei weibliche Exemplare stilvoll und mit ziemlicher Rafinesse gekonnt um die männlichen welche. Die Frau trägt dabei einen geschlitzten Rock und Schuhe mit Absätzen von der höchsten Sorte und drückt ihren Oberkörper fest gegen den seinen, während er seine rechte Hand auf ihrem Rücken ruhen lässt. Bei entsprechender Musik zeigt ein solches Paar dann sein Können. Ein ständiges Hin und Her, Wechsel von nah und fern, zwischendurch immer wieder eine Art Verzögern, scheinbare Unentschlossenheit, all das gekonnt verhüllt in eleganten Schwüngen und Drehungen, all das prägen den argentinischen Tango.

Was wäre Buenos Aires ohne den Tango? Das ist wie Frankreich ohne Baguette, Amsterdam ohne Koffeeshop oder Rom ohne Pabst. Man glaubt, dass der Tango im Stadtviertel La Boca in den 1880er Jahren entstanden ist. Massen von europäischen Einwanderer strömten damals nach Argentinien, viele davon in die Vororte Buenos Aires'. Zunächst kamen oft nur die Männer, die allein im Land ihre neue Existenz aufbauten, bevor die Familie nachreiste. Sehr oft allerdings ging dieser Traum vom neuen, besseren Leben in der Ferne nicht auf, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit machte sich breit. Um die Einsamkeit und das Heimweh für eine Weile zu vergessen, vergnügte man sich in Bars mit Kellnerinnen und anderen Dienstleisterinnen, man flirtete und tanzte für ein bisschen Freude und Spaß in der gähnenden Langeweile. So heißt es in unserem Reiseführer (Lonely Planet): "Es war eine kraftvolle Mischung aus Machismo, Leidenschaft und Verlangen, verzweifelt und aggressiv". Die dazu gesungenen Lieder beschreiben die hiesige Situation nur all zu deutlich, zum Beispiel im Lied Por una Cabeza von Carlos Gardel.

Typisch für die Tangomusik ist das Bandoneon, eine Art Miniakordeon. Mindestens zwei sollte in einem Tangoorchester (Sexteto típico) vertreten sein, hinzu kommen ein Klavier, ein Kontrabass und zwei Violinen.

Während meines Aufenthalts in Buenos Aires wurde ich eines abends von meiner "Gastmutter" Luba überrumpelt, als sie sagte: "Wir gehen heute abend zu einer Milonga, und du kommst mit!" Eine Milonga in Buenos Aires ist eine typische Tangotanzveranstaltung in einem typischen Tangotanzsaal, in dem die ganze Nacht nichts als getanzt wird. Ich komme in den Genuß den Salon Canning kennen zu lernen. "Der Beste, den es gibt", sagt Luba, "die beste Tanzfläche und nur wenig Touristen." Dort angekommen treffen wir eine Reihe von Freunden von Luba, die alle dem Tango verfallen sind.

Die Milonga läuft nach ganz bestimmten Spielregen und Signalen ab, die nicht ganz einfach zu durchschauen sind. Was ich bisher herausgefunden habe:


  • Tanzen darf jeder mit jedem, jung mit alt, alt mit schön, schön mit jung und umgekehrt. Luba sagt, dass sei ein generationsübergreifender Ort. "Es spielt keine Rolle, wer du bist. Hauptsache du beherrscht den Tango. Nada mas!" (Mehr nicht.)
  • Gespielt werden immer vier Tangostücke. Diese Folge nennt man Tandas, danach folgt ein kurzes Musikstück aus Rock und Pop als Intermezzo. Die gerade eben noch tanzenden Paare verlassen das Parkett.
  • Folgt eine neue Tandas, so mischen sich die Paare neu. Dabei nickt der Mann der Frau seiner Wahl kurz zu. Nickt sie zurück, geht der Mann zu ihr und führt sie zur Tanzfläche.
  • Beginnt die Musik, stehen die Paare erst mal noch ein Weilchen auf der Tanzfläche, halten ein Schwätzchen, denn spätzestens, wenn getanzt wird, gibt es keine Möglichkeit mehr dazu. Ernst und mit steifer Miene schauen die Tänzer auf ihre Füße. Luba erklärt mir, das habe damit zu tun, dass der Tanz höchste Konzentration erfordert.
  • Will jemand nicht zum Tanzen aufgefordert werden, so hat er eine passive Haltung einzunehmen, denn sonst kommt es zu peinlichen Missverständnissen.
  • Es gilt als angemessen, mindestens zwei Lieder mit jemanden zu tanzen, auch wenn sich schon beim ersten Takt herausstellt, dass die Wahl ein Fehlgriff war.
Gegen ein Uhr morgens wird die Musik vom Band abgelöst durch das Tangoorchster Orquestra Tipica Afronte. Eigentlich wollte ich längst gegangen sein, aber jetzt muss ich noch ein wenig durchhalten und den hausgemachten Tango live erleben. Der nächste Tag wird hart, da ich um Viertel nach Acht wieder los muss zu meiner Fortbildung.

Im Internet kann man sich Tangotänze in Hülle und Fülle ansehen. Hier, hier und auch hier gibt es etwas aus dem Salon Canning zu sehen. Keine typische Milonga, sondern Vorführungen von echten Könnern. Wer Lust und Zeit hat kann dann noch weiter stöbern, staunen und entdecken. Das Angebot ist groß.

Für mich bleibt der Tango ein Rätsel. Ich habe nicht erkennen können, wie der Tango aufgebaut ist, welche Schritte aufeinander folgen, welche sich abwechseln und wie das Zusammenspiel zwischen Mann und Frau so reibungslos funktioniert. Dennoch - oder gerade deshalb - hat es mir Spaß gemacht, einfach dazusitzen und zuzuschauen (und ich habe dabei natürlich versucht, so passiv zu sitzen, dass sich schon von Weitem erkennen lässt, dass ICH nicht tanzen will. Das war gar nicht so einfach.)

Freitag, 24. Oktober 2008

Buenos Aires auf Samptpfoten

Acht Tage Buenos Aires, acht Tage Bangen um das eigene Wohlbefinden, die Gesundheit und den Schlaf. Hier ist alles lebendig, alles macht Krach, und Niemand und Nichts kommt jemals zur Ruhe. Für hyperaktive und manische Zeitgenossen eine adäquate, reizvolle Umgebung, für mich dagegen ein Survival-trip der anderen Art. Hinzu kommen sechs Tage Fortbildung von neun - 17 Uhr, acht Stunden sitzen, zuhören und versuchen zu verstehen. Zusammen genommen ein Projekt, das fast zu einer Mission Impossible geworden ist.
Ein Glück, dass ich schon am ersten Tag den so notwedigen Gegenpol entdecke und damit mein Überleben sichere.
Nicht unweit von der Subte-Station Plaza Italia und ebenfalls von meiner Unterkunft fußgängig zu erreichen befindet sich der Botanische Garten, die grüne Lunge dieser südamerikanischen Metropole. Hier komme ich nach dem Kurs gerne hin, um Nichts zu tun, die Ruhe zu genießen und frische Luft zu atmen. Viele tun es mir gleich, und so lassen nachmittags viele großstadtmüde Krieger auf den grünen Wiesen den Tag enspannt ausklingen. Der Großteil der Lebewesen hier hat jedoch vier Beine und freut sich täglich gegen sechs Uhr auf frische Milch und Futter. Was für die Engländer der "Fünf-Uhr-Tee" ist für die hiesigen Katzenscharen ihr "sechs-Uhr-Whiskas", so heißt es in einem der vielen Berichte über die Katzen des berühmten Gartens. Schätzungsweise leben hier dreihundert Katzen. Zunächst Opfer der grausamen Hautierfraktion gelten sie heute als Wahrzeichen dieser Stadtoase. Engangierte und fürsorgende Nachbarn haben sich dieser Kreaturen angenommen und schon so manchesmal vehement die Abschiebung durch die Stadt abwenden können. Dieser Ort ist für mich ein Lieblingsort geworden. Egal, wo man geht, steht, sitzt oder liegt: Irgendwo ist immer eine Mietze in Sicht, einige scheu, andere neugierig und kontaktfreudig. Ich freue mich schon auf das nächste Mal.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Atemberaubendes Erlebnis, spektakuläres Schauspiel und viel mehr!

Von Gastautorin Ann-Katrin Seegers

Es war ein sonniger Tag und wir Drei vom argentinischen Niederrhein machten uns mit dem gemieteten Auto auf den Weg zu dem berühmtesten Dreiländereck Südamerikas. Dort angekommen wollten wir natürlich nicht nur das Ländereck Argentinien-Paraguay-Brasilien sehen, sondern viel mehr: die Iguazú-Wasserfälle - und es war ein Schauspiel für sich. Wir sind aus allen Wolken gefallen, die man nur am Himmel finden konnte, es war allerdings ein wolkenloser Tag bei 28C°, mitten im argentinischen Winter. Morgens früh, nach einem leckeren Frühstück haben Birgit, Marc und ich uns also auf den Weg gemacht, die Iguazú-Wasserfälle zu besichtigen. Erst eine kleine Fahrt mit dem Auto, dann musste ein Schattenparkplatz gefunden werden, der Körper wurde mit Insektenspray bombardiert und dann ab zur Menschenschlange, die uns die Tür zu den Wasserfällen öffnete (Website der Parkverwaltung). Fünf Minuten später waren wir dann auch endlich drinnen und es konnte mit dem Toilettenbesuch losgehen. Als dann tatsächlich alle fertig waren, haben wir uns auf die Socken gemacht, um nun endlich was zu sehen. Tatsache, keine zehn Meter weiter standen wir in dem schönsten Tropenwald aller Zeiten, man sollte nur leider nicht vom Weg abkommen, es hätte uns eine böse Schlange auflauern können.

Ein Fußmarsch, der uns bei diesem tollen Wetter nichts ausmachte, brachte uns dann zu den Wasserfällen. Tock, tock, tock da lagen wir dann alle Drei auf dem Boden vor lauter Staunen. Man konnte das Wasser hören und spüren, den Vögeln beim piepen zuschauen, das Gras riechen, die Menschen beobachten und die Natur und das Schauspiel genießen, es war wahnsinnig und einfach nur atemberaubend. Noch ganz benebelt von unserem "ersten" Eindruck gings weiter zu unserem "zweiten" Eindruck, der fast zu einer Ohnmacht geführt hätte. Tock, tock, tock, nein diesmal sind wir stehen geblieben, aber es war größer, weiter, breiter und schöner, die Aussicht war unglaublich und nicht nur das, wir standen regelrecht über dem Abgrund des Wasserfalls, wo jede Sekunde soooo viele Liter Wasser runterplatschen. Du bekamst den Sprühregen des Wasserfalls direkt in dein Gesicht gespritzt und es war eine angenehm warm-kalte Mischung zur Erfrischung. Nachdem wir uns dann alle wieder gefangen hatten, setzten wir unsere Reise fort... Wir trafen noch so viele andere begeisterte Menschen, Tiere, Parkführer und Deutsche, sodass man auch mal ein Pläuschchen mit Einheimischen führen konnte - wundervoll, ich fühlte mich ganz wie zu Hause - und dann gings weiter, die zwei Kilometer lange Wasserfallentdeckungstour durch den Park, der der Höhepunkt unserer 7.500 Kilometer Reise war.

Nun ja, wir hatten bis dahin ja schon wirklich viel gesehen und erlebt, aber als wir dann auf dem Weg zu dem Boot waren, dass uns hautnah an die Wasserfälle ranbringen sollte, trafen wir auch noch komische und vor allem freche Tiere, die sogenannten Nasenbären. Die waren vielleicht putzig und wenn man nicht aufpasste, hatte man kein Brot mehr in der Hand. Als dann auch die Nasenbären wieder weg waren, kamen wir unserem Boot immer näher. WOW! Eine riesige Schlange aus Menschen erwartete uns, eine Schwimmweste gabs auch, drei Säcke zum Gepäck verstauen dazu, ein Helfer auf dem Bootssteg und ein Mann mit Kamera, der unsere Bootsfahrt begleitete. Als dann endlich alle auf ihren Plätzen saßen, ging es auch schon los. Der Motor heulte auf, der Kameramann ließ uns alle mit auf seinen Film und dann kam die Gischt der Wasserfälle auf uns zu, besser wir kamen mit dem Boot auf sie zu. Immer näher, und näher und näher und dann: Mit dem Bug in die Gischt, die Gischt auf uns Menschen, die Menschen pitsche nass und alle schrien: "Wir wollen nochmal!", natürlich auf Spanisch, ich auf Deutsch. Der Fahrer hatte schon gewendet und fuhr auf die gegenüber liegende Seite der Isla San Martín, die die Wasserfälle in zwei Gebiete unterteilt. Gut, nun waren wir auf der anderen Seite, zwar nicht ganz so spektakulär, aber genauso nass wie beim ersten Mal. Dann das ganze Spielchen noch einmal und schließlich kamen alle mit einem breiten Grinsen aus dem Boot raus und keiner, wirklich keiner konnte noch ein trockenes Fleckchen an seiner Kleidung nachweisen. Also beschlossen wir, mit dem zweiten Boot auf die Insel San Martín zu schippern und uns dort auf den Steinen ein bisschen zu sonnen und unsere Sachen zu trocknen. Das Nickerchen beendet und mit riesigem Kohldampf im Magen bestiegen wir den Berg der kleinen Insel, um zu einem weiteren spektakulären Ort zu gelangen. Oben angekommen hatten wir einen umwerfenden Blick über die Wucht des Wassers, das wir zu Gesicht bekamen. Hautnah, zehn Meter maximal entfernt und um uns herum zwei Kilometer lang nichts als Wasserfälle, was will man mehr?

Wir wollten etwas zu essen haben, um uns dann auf die letzte Etappe des Tages vorzubereiten... Was haben wir also getan? Richtig: Wir sind zu einem sündhaft teuren Laden gegangen - alle Läden wären teuer gewesen, also war es egal welchen wir nahmen - und haben uns Sandwiches geholt, ausgeruht und wurden wieder mal von unseren Freunden, den Nasenbären, belagert. Dann gings zur letzten Etappe, die wir mit einer gemütlichen Bahnfahrt begannen, die Bimmelbahn. Die jeden Tag hin und her fährt, hin und her. An der Endstation angekommen, durften wir aufs Neue eine Fußstrecke über eine Fußgängerbrücke zurücklegen, die endlos erschien, aber nicht nur uns, auch kleine Kinder fingen an zu quängeln. Das man am Gesichtsausdruck sah, den ich dennoch deuten kann, auch wenn ich kein Spanisch verstehe. Angekommen am Teufelsschlund (span. Garganta del Diablo), an dem sich Menschenmassen tummelten, wie sonst nur an Kirmestagen, durften wir auch endlich sehen, was andere Leute in eine Trance versetzte, uns einschließlich. WOW, so viel dreckiges Wasser auf einmal?! Wo kommt das denn her? Mein Bruder erklärte mir dann, dass das Wasser aus dem Fluss kommt, der den Modder mit herspült und dann hier in die Wasserfälle mündet. Zufrieden mit der Antwort und mit den Fotos, die ich an diesem Tag gemacht hatte - es waren wohl weit über 150 Fotos - gingen wir mit unseren Eindrücken im Kopf zurück zur Bimmelbahn, dann zum Ausgang, dann zum Parkplatz, ab ins Auto, zurück ins Hotel und ab ins Bett. Es war ein Tag, den ich noch lange in meinem Herzen behalten und an den ich mich gerne zurück erinnern werde. Ich hoffe, ihr habt einen kleinen Eindruck bekommen können, den ihr jetzt auch in eurem Herzen tragt, denn dort ist die Welt noch in Ordnung, denn da muss man keine Sorgen haben und kann seine Gedanken kreisen lassen.

Sonntag, 28. September 2008

Antisemitismus heute

"Aktionstag gegen Antisemitismus und Diskriminierung" von INADI und Museo del Holocausto

Bariloche. Der Saal der Bibliothek Sarmiento in San Carlos de Bariloche, gleich neben dem Centro Cívico, fasst 140 Plätze. An diesem Abend des 23. September drängen rund 200 Menschen auf Einlass, sie füllen die Gänge, setzen sich auf den Boden und drücken sich in jede Nische. Graciela Nabel de Jinich, Direktorin des Museo del Holocausto in Buenos Aires, ist hoch erfreut über den großen Zuspruch, aber nicht nur an diesem Abend, sondern auch und ganz besonders freut sie sich über die Teilnahme der vielen Schülerinnen und Schüler an den beiden Vorführungen im örtlichen Kino, sagt sie den versammelten Gästen. Mit eindringlichen Worten begrüßt sie die Anwesenden, die ebenso wie alle Menschen auf der Welt dazu verpflichtet seien, die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten. Das Grauen jener Zeit dürfe nicht in Vergessenheit geraten, mahnt sie, es dürfe weder geleugnet noch marginalisiert werden.

Anlass ihres Besuchs in Bariloche ist die landesweite Vorführung des Dokumentarfilms "Mujeres de la Shoá" am "Tag gegen Antisemitismus und Diskriminierung", der gemeinsam organisiert wurde vom INADI in Río Negro (Staatliches Institut gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus), der israelischen Gemeinschaft, der Universidad Nacional de Comahue, der Stadtverwaltung Bariloche und der Ökumenischen Forum der deutschen Gemeinschaft. Der Film stellt ein ergreifendes Dokument der Zeitgeschichte dar, das an der Universidad Nacional de la Matanza entstand. Sechs Frauen, die den Holocaust überlebten und heute in Argentinien leben, erzählen darin von ihrem Schicksal zurzeit des Nationalsozialismus in Deutschland, erzählen von ihren Erinnerungen, Erinnerungen an die Diktatur, die Judenverfolgung, die Einsperrung in Ghettos, die Arbeitslager und die Massenvernichtungen, und sie erzählen von ihren ganz persönlichen Gefühlen und Verletzungen, die diese Zeit hinterlassen hat, in der die meisten von ihnen ihre Familie verloren haben, aus der sie befreit wurden, ohne zu wissen, wie es weitergehen sollte. Als die Russen das Lager befreit hätten, sagt eine von ihnen im Film, und sie zum Tor hinauswiesen, sie seien nun frei und könnten gehen, hätte sich niemand getraut, auch nur einen Fuß in Richtung jenes Tores zu setzen, durch das monate- und jahrelang nur Juden herein gekommen waren, aber nie einer lebend heraus. "Der Antisemitismus ist auch heute noch ein aktuelles Thema, leider, in Deutschland und in anderen Teilen der Welt", pflichtet Jan Freigang, Referent für Politik der Deutschen Botschaft Buenos Aires, der Direktorin in seiner Ansprache bei. Er richtet allen Anwesenden die Grüße des neuen deutschen Botschafters in Argentinien, Günter Kniess, aus. In Anbetracht der Vergangenheit bestehe insbesondere für alle Deutschen die besondere Verantwortung, die Erinnerung zu bewahren, den Dialog zu suchen und ihre Stimme zu erheben gegen jede Form der Diskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus.

In Bariloche sehen an diesem Tag über 1000 Schüler nahezu aller staatlichen und privaten Schulen die Vorführungen um 9 Uhr und um 14 Uhr, anwesend sind die staatlichen Schulen CEM 37, 77, 97, 99, 104, 138 und wahrscheinlich noch viele mehr, des Weiteren die Privatschulen Antú Ruca, Castex, Don Bosco, San Esteban und die italienische und englische Privatschule Dante Alighieri und Woodville. Eröffnet werden die Filmvorführungen von der Direktorin des Holocaust-Museums Buenos Aires, dem Referenten für Politik der Deutschen Botschaft Buenos Aires, dem israelischen Honorarkonsul für Río Negro, Neuquén Chubut und Santa Cruz, Hernando Grosbaum und dem deutschen Honorarkonsul von Bariloche, Gerardo Borchert. Auf der Tagesordnung stehen außerdem Workshops und Fortbildungen am Institut für Lehrerbildung und der Universität Comahue, an der 200 Lehrer und Studenten teilnehmen, gehalten von der Direktorin des Holocaust-Museums, dem Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften, Pedro Barreiro, und der Koordinatorin der Geschichtsabteilung, Laura Méndez. Für alle Schüler und Lehrer der Sekundarschulen gibt es außerdem Begleitmaterial, um das Thema Holocaust im Unterricht vertiefen zu können. Dass hierzu Bedarf besteht, zeigen nicht nur die vielen Schülerinnen und Schüler, die nach der Filmvorführung im Kinosaal sitzen bleiben, um mit der Direktorin des Holocaust-Museums über das Gesehene und das Geschehene sprechen zu können. Julio Accavallo, Leiter des INADI Río Negro, unterstreicht noch eimal die Aktualität der Thematik: "Das große Publikum an diesem Tag zeigt die Notwendigkeit, dass sich die Gesellschaft der geschehenen Völkermorde immer wieder erinnert und sich ins Bewusstsein ruft, dass sie auch heute noch stattfinden, wie der aktuelle Fall von Morden an Bauern im Nachbarland Bolivien zeigt."

Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass in der Auflistung der Schulen das Instituto Primo Capraro, die Deutsche Schule Bariloche, fehlt. Von der Schulleitung oder dem Schulvorstand war bisher keine offizielle Begründung zu erfahren, warum keine Klassen an den Filmvorführungen teilnahmen. Verschiedenen Institutionen gegenüber hieß es, die Vorbereitungszeit sei zu kurz gewesen, oder man fühle sich nicht ein- sondern vorgeladen und stigmatisiert, als sei man als Deutsche Schule immerzu verpflichtet, an solchen Aktionen teilzunehmen. Dem deutschen Botschaftsreferenten gegenüber äußerten Mitglieder der Schulleitung und des Vorstandes, dass man den Film und die Materialien vorher nicht habe sehen können, sinngemäß wurde argumentiert, dass man seiner pädagogischen Verantwortung entsprechend die Schüler keinem unbesichtigten Material aussetzen wollte. Übrigens: Die Schulleitung war wie alle anderen Schulen vier Wochen vorher eingeladen worden, an den Koordinationstreffen und Filmsichtungen teilzunehmen und mitzuwirken. Außer bei einer Sitzung nahm die Schulleitung an keinem weiteren Treffen teil.

Sonntag, 21. September 2008

Wachturm

Zwar stehen sie nicht wie trostlose, verstaubte Denkmäler an den Bahnhofseingängen der Stadt, dennoch hinterlassen sie auch hier in Argentinien sichtbare Spuren, vor allem in unseren Briefkästen: Die Zeugen Jehovas.

Und auch hier stellen sie sich die selbe Frage wie in Deutschland: Wer war Jesus Christus? Ob sie hier eine Antwort bekommen?

Übrigens: Die offizielle Religion Argentiniens ist der Katholizismus, über 90 Prozent der Bevölkerung sind römisch-katholischen Glaubens, der Rest verteilt sich auf Protestanten, Juden, Muslime und 2500 andere verschiedene Religionen und Kulte. So ist zum Beispiel der Pachamama-Kult in den nördlichen Andenregionen eine weitverbreitete Tradition der indigenen Bevölkerung, der einer Religion gleichkommt. Das Wort Pachamama besteht aus den zwei Wörtern pacha (Erde) und mama (Mutter). Die Mutter Erde gilt bei den Quetchua-Indianern als Göttin und Vermittlerin der Ober- und Unterwelt, zu ihrer Huldigung finden auch noch heute zahlreiche Feste und Riten statt.

So wird zum Beispiel Anfang März (andere Quellen sagen am 1. August) eines jeden Jahres das Pachamama-Fest gefeiert. Auf dem Foto sieht man, wie zu Ehren der Mutter Erde die Tiere, hier ein Vicunja (wie das Lama aus der Familie der Kamele) geschmückt werden.

Samstag, 13. September 2008

Tren a las Nubes

Er zählt zu einer der Hauptattraktionen, die Argentinien zu bieten hat, in jeglichen Reiseführern und Magazinen wird der Tren a las Nubes, der Zug in die Wolken, als ein Muß beschrieben. Die Arbeiten zu dieser spektakulären Eisenbahnlinie begannen in den 1920er Jahren und dauerten über zwei Jahrzehnte bis zu seiner kompletten Fertigstellung. Der Zug verband einst die Stadt Salta an der östlichen Andenseite mit der chilenischen Pazifikküste auf der anderen Seite des Gebirges. Heute fährt der Zug jedoch nur noch ein Drittel seiner Strecke und gilt seither nicht mehr als gewöhnliches Fortbewegungsmittel, sondern als eine Touristenattraktion der besonderen Art. Beindruckender als auf jeder Kinoleinwand und entspannter als während einer Höhenwanderung erlebt der Fahrgast bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h die Schönheit der Berge und Täler der Region und wird Zeuge, wie die Landschaft sich vom einen zum nächsten Augenblick verändert. In Salta nährt noch das satte Grün der saftigen Wiesen die Kulisse, mit Eintritt in die Anden ändert sich das Bild jedoch abrupt. Tiefe Felswände und Schluchten wirken imposant und respekteinflößend, die Farben der verschiedenen Gesteinsschichten reichen von kaminrot über orange und ocker bis hin zu dunkelbraun und schwarz. Sie scheinen die bedrohliche Szenerie geradezu zu besänftigen und abzumildern. Die vielen Kolonien von riesigen Kandelaber-Kakteen, wirken wie stumme Zeugen der ständigen Wandlung der Landschaft.

Auf dem Weg durch die Anden passiert der Zug zahlreiche Tunnel, Brücken und Viadukte. Er quält sich dabei sich auf eine Höhe von 4200 Meter ü. d. M. hinauf, bis er schließlich den Viaducto La Polvorilla - mit seinen 224 Metern Länge und 65 Metern Höhe eine Ingenieursleistung höchster Klasse - erreicht. Nach einem kurzen Aufenthalt geht die Reise zurück, was jedoch nicht einfach nur einem Rückweg gleicht, da die andere Richtung neue Perspektiven eröffnet, den Blickwinkel erweitert. Inzwischen ist auch die Sonne ein Stück weitergelaufen, und somit sorgen auch die veränderten Lichtverhältnisse für viele neue Eindrücke.

Wahrlich: ein Genuß, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Einen Schatten hat das Ganze jedoch. Auch, wenn man bester Gesundheit ist und einem die Höhe und tiefe Abgründe nichts ausmachen, so erleidet man jedoch beim Preis einen akuten Schwindelanfall: Die Fahrt für eine Person kostet inzwischen stolze 140 US-Dollar!!

Die Entscheidung gegen diese Fahrt fällt uns dadurch leicht. Stattdessen fahren wir mit unserem luftigen Mietwagen (er hat ja keine Heckscheibe mehr) im
mer schön neben der Eisenbahnlinie her, kreuzen die Schienen hier und da und erleben das Ganze Spektakel eine Nummer kleiner. Der Vorteil: den Anblick der unzähligen Brücken und Viadukte können nur wir genießen, die Zuggäste müssen schauen, dass sie sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Oben in dem Dörfchen San Antonio de los Cobres machen wir Rast und bestellen uns das billigste Mittagessen unseres gesamten Argentinienaufenthaltes (eine Pizza, zwei riesige Lomitos und drei Empanadas für 24 Pesos - soviel kostet ein günstiges Lomito in Bariloche). Der Ort wirkt trotz oder gerade wegen seiner Öde und Kargheit interessant und geradezu unwirklich. Er scheint wie das Dorf einer Modelleisenbahn, nur dass der Konstrukteur vergessen hat, die Bäume aufzustellen und die Häuser anzumalen. Wir haben jedoch diesmal wenig Zeit, um noch mehr Eindrücke einzufangen, zu sehr drängt das Auto auf eine neue Heckscheibe.

Nachtrag:
Auch, wenn wir mit dem Zug hätten fahren wollen, wäre dies nicht möglich gewesen. Vor drei Jahren war vorerst der Betrieb eingestellt und der Firma die Lizenz entzogen worden, da der Zug mitten auf dem Viadukt La Polvorilla stehen geblieben und nicht mehr zu bewegen war. Die Gäste wurden in schwindelerregender Höhe evakuiert. Seit dem 6. August 2008 fährt er nun wieder. Mit neuer Firma, neuer Lizenz und hoffentlich neuem Motor! Leider waren wir zwei Wochen zu früh da, aber für das gesparte Geld konnten wir eine Woche länger Urlaub machen! :-)

Mittwoch, 10. September 2008

Salinas Grandes

Durch einen unglücklichen Zufall kamen wir während unseres Urlaubs in den Genuss, die Salinas Grandes del Noroeste, eine große Salzwüste, etwas intensiver zu erleben als der normale Tourist. Hier die Auszüge aus unserem Logbuch.

Von Purmamarca (2.206 Meter ü. d. M.) führt uns gegen 9 Uhr morgens eine abenteuerlicher Pass hoch auf 4170 Meter. Dort oben ist es trotz strahlender Sonne eiskalt. Eigentlich wollten wir nur kurz aussteigen, um Beweisfotos dafür zu machen, der Sonne jemals so nah gekommen zu sein. Wir entdecken jedoch, dass wir hier oben nicht die Einzigen sind. Eine Frau steht vor einer Auswahl indianischer Kunstgegenstände, die sie wohl schon vor einer Weile vor sich ausgebreitet haben muss. Bekleidet mit einem Hut, Tuch und Sommerjäckchen kann man sich kaum vorstellen, dass sie hier schon länger steht und noch lebt. Wir bekommen auf unsere Fragen nur zurückhaltend knappe Antworten, ein Gespräch kann man das nicht nennen. Nach diesem Steno-Frage-Antwort-Spiel wissen wir jedoch, dass die Dame zwei Wochen dort oben an selber Stelle haust. Dann wird sie abgelöst von ihren Kolleginnen, die zurzeit noch einige hundert Kilometer entfernt weitere Kunstgegenstände anfertigen. Auf die Frage, ob es nachts nicht fürchterlich kalt werde, hört man nur ein zaghaftes, kaum hörbares "Si", mehr nicht – scheinbar wohlweislich ihres Schicksal bewusst, jedoch genügsam akzeptierend. Bei ihr kaufen wir einige Dinge, ganz egal wie touristisch das sein mag, die Frau soll bei ihrem nächsten Einsatz eine wärmere Jacke tragen. Bevor wir wieder ins Auto steigen, hören wir ein paar spielende Kinder. Unsere Augen entdecken hinter einem aus Steinen aufgebauten Windschutz ein Zelt, in dem die gute Frau scheinbar noch ihre Familie untergebracht hat. Auf unserer Weiterfahrt denke ich an all die warmen Sachen, die ich der Frau hätte geben können, hätte ich sie nur mit ins Gepäck gestopft: Einen ausrangierten Schlafsack, einen alten Wintermantel, ein paar dicke Socken ...

Bald erschließt sich uns die Hochebene Argentiniens, Puna genannt, in ihrer eindrucksvollen Weite und Leere. Immer noch befinden wir uns auf knapp 4000 Meter über Null, was jedoch merkwürdig erscheint, kein Hügel, keine Täler weit und breit ... nur plattes Land und ein paar Berge in weiter Ferne. Ein Stückchen weiter erreichen wir die Salinas Grandes del Noroeste, eine 12.000 Hektar große Salzwüste, in der rund 60 Salineros in einer Salzkooperative arbeiten. Es sind alles Quechua, Nachfahren der Inka. Es heißt, wer als Salinero geboren wird, der stirbt auch als Salinero. Das scheint ein hartes Schicksal zu sein - der Sonne, dem Wind, der Höhe und dem Salz fast schutzlos ausgesetzt, verrichten sie ihr Tagewerk. Dabei ist es nur eine Frage der Zeit, wann die Augen, die Haut und die Lungen um Hilfe rufen. Der Lohn ist schlecht, für fünf Tonnen Salz bekommt man 60 Peso (etwa 13 Euro).

Bei unserem Besuch in der Salinas Grandes gehen wir zunächst zurückhaltend und vorsichtig vor, wir bleiben immer schön am Rande, trauen uns nicht weit vor. Dennoch genießen wir das tolle Wetter, die Farben und die klare Luft, mittlerweile ist es auch nicht mehr so kalt. Auf unserer Weiterfahrt Richtung San Antonio de los Cobres werden wir Mitten im Nirgendwo von zwei jungen Quechuas angehalten, die uns warme Socken und Handschuhe verkaufen wollen. Leider beachten wir den heranbrausenden riesigen Lastwagen gar nicht, als jedoch ein mittelgroßer Stein mit einem riesengroßen Knall die komplette Heckscheibe des Mietwagens zerschlägt, wissen wir, dass der Ratschlag der beiden Frauen, weiter seitlich der Straße zu halten, kein Verkaufstrick sondern ein guter Hinweis war. Wir verbringen noch einige Zeit dort, ein paar Kinder kommen dazu, alle packen an, um die Scherben aufzusammeln und das Heck notdürftig zu verkleben. Zum Dank verschenken wir all unser Tagesproviant. Damit steht das Etappenziel dieses Tages fest: Zurück zur Autovermietung nach Salta ... Doch zunächst heißt es für uns, die Spur des LKW aufzunehmen, den die Frauen in der Salina wähnen und die Verfolgung zu starten. Gesucht wird ein großer roter Lastwagen, irgendsoeiner mit Plane. Irgendwo zwischen hier und da, dahinten in der weißen Wüste. Der erste Verdächtige hat ein Alibi, seit Tagen steht er schon mit Motorschaden bei dem kleinen Stützpunkt am Rande des Salzsees. Doch die drei Mechaniker vor Ort liefern weitere entscheidende Hinweise, der Gesuchte ist in die Salina gefahren und lädt frisches Salz. Der Weg ist einfach: Immer geradeaus den beiden Fahrrinnen nach bis dahinten, wo es rot schimmert. Die Fahrt über die Wüste ist ein Erlebnis, Marc fühlt sich wie auf einer Testtrecke in der Great Salt Lake Desert. Am LKW angekommen treffen wir auf drei zunächst mürrische Typen, es dauert etwas, bis wir unser Anliegen verständlich machen, die beiden Indios verstehen wir kaum. Es bedarf daher keiner großen Anstrengung, den LKW-Fahrer zu entlarven, denn er ist der einzige Weiße hier oben. Und er ist geständig, händigt uns ohne Zögern seine Versicherungspapiere aus, "Ningun problema, reine Formsache", meint er. Nachdem das "Salz" gebrochen ist, kommen wir ins Gespräch. Er heißt Antonio und ist eigentlich Spanier, seit seinem fünften Lebensjahr aber Mendoziner, zwischendurch hat er sogar ein paar Jahre in Spanien gearbeitet, aber das Leben gefällt ihm hier in Argentinien wesentlich besser, auch wenn wir uns über die Regierung schnell einig sind - eine Katastrophe. Dann erklärt er uns, wie das Salz abgebaut wird, wofür es verwendet wird und dass man im Sommer während der Regenzeit von November bis Ende Februar kein Salz abbauen kann, denn dann steht die ganze Wüste kniehoch unter Wasser. Gut, dass wir im Winter da waren.

Später in Salta kassiert Europcar den Schaden wegen der hohen Selbstbeteiligung natürlich dirket bei uns, die machen sich selbstverständlich nicht die Arbeit, die Versicherung zu bemühen, obwohl wir bei der Polizei einen Bericht eingeholt, alle nötigen Papiere beisammen haben und in Argentinien wohnen. Für die "Original-VW-Heckscheibe" knöpfen uns die Gauner fette 170 Euro ab, inklusive Touristenaufschlag, wir fühlen uns echt abgezockt, aber das ist hier leider nichts seltenes, denn die Regierung macht es den Menschen so vor.

Donnerstag, 28. August 2008

MAAM

Das Urteil unserer Reiseführer über die Museen Argentiniens ist ernüchternd. Meist mangele es an einer Struktur und logischer Anordnung, sodass ein Besucher zwar schöne Dinge zu sehen bekomme, diese seien jedoch meist aus dem Kontext gerissen und bar jeder Erklärung.

Das Museo de Arqueología de Alta Montaña (MAAM), das Museum für Hochgebirgsarchäologie, mitten in der Innenstadt Saltas, direkt an der Plaza 9 de Julio, stellt diesbezüglich jedoch eine Ausnahme dar. Es beinhaltet eine eindrucksvolle Sammlung über die Kultur der Inkas in Südamerika und zeigt viele archäologische Fundstücke aus dieser Zeit. Höhepunkt bilden die Niños de Llullaillaco, die Kinder des Llullaillaco, dem dritthöchsten Vulkan der Erde (6739 m), gelegen in den Anden zwischen Argentinien und Chile.

Berge hatten in der Inkawelt eine große Bedeutung und galten stets als Verbindung zwischen der Erde (
Patchamama = Mutter Erde) und den Göttern im Himmel. Um diese zu besänftigen und gut zu stimmen, wurden ihnen während des Qhapaqhucha-Festes ganz besondere Opfer dargeboten: Aus allen Ecken des Inka-Reichs, welches die Inka selbst Tawantinsuyu (Land der vier Teile) bezeichneten, prozessierten zu dieser Zeit ausgewählte Mitglieder der einzelnen Siedlungen nach Cuzco, dem kulturellen und auch geografischen Zentrum von Tawantinsuyu. Unter den Auserwählten waren Priester und andere Würdenträger sowie herausragend schöne (perfekte) Kinder, gesund und in sehr guter körperlicher Verfassung (Für die Götter nur das Beste). In Cuzco angekommen zelebrierte man sodann verschiedenste Rituale, opferte Tiere (z. B. Lamas), um anschließend auf einer Art Pilgerweg die Rückreise anzutreten. Wieder in den beheimateten Siedlungen angekommen, wurden die Pilger mit großer Freude empfangen, was Rituale mit weiteren Opferdarbringungen nach sich zog. Diesmal handelte es sich jedoch nicht um Tiere: Bei rhytmischen Gesängen wurden die auserwählten Kinder mit den besten und edelsten Kleidern angezogen, ihnen wurden die Haare geflochten und Chicha (Maisbier) zu trinken gegeben. Sobald der Alkohol sie genügend betäubt und berauscht hatte, wurden sie zusammen mit einer reichhaltigen und wertvollen Mitgift hoch oben in den Gipfeln der Anden begraben. In ihrem Glauben nahmen die Inka an, dass die Kinder ohne zu sterben ins Reich der Götter aufgenommen werden, um diesen dann die Geschenke bringen zu könenn, um sie damit bei Laune zu halten.

So fand im Jahr 1999 eine Expedition der National Geographic Society im Eis des Llullaillaco die Mumien dreier Kinder im Alter zwischen sechs und 15 Jahren. Zwei der Körper sind derzeit im hiesigen Museum zu bestaunen. Vorher jedoch durchläuft der Besucher einige Ausstellungsräume, in denen er ausführlich und anschaulich über die Kultur der Inka sowie die Geschichte der Hochgebirgsarchäologie informiert wird. Kommt man schließlich in den Saal der Mumien, verperrt zunächst eine spanische Wand die weitere Sicht. Ein Schild weist auf das nun Folgende hin, um sich bei denjenigen, die aus emotionalen, ethischen oder moralischen Gründen die Mumien nicht sehen möchten, zu verabschieden und herzlichst für ihr Interesse zu bedanken.

Unser Interesse jedoch reicht über die spanische Wand hinaus, und so erleben wir den unbeschreiblichen Anblick eines 500 Jahre alten Körpers eines Kindes, das aussieht, als ob es gerade eben erst eingeschlafen ist. Ehrfürchtig und wortkarg verlassen wir das Museum. Wer Lust hat kann hier und hier einen kleinen Eindruck bekommen. Bei Youtube kann man sich einen kleinen unscharfen Film über das Museum anschauen. Deutsche Artikel findet ihr hier und hier.

Anmerkung: Es herrscht Uneinigkeit darüber, wie die Kinder letztendlich gestorben sind. Entgegen der Museumsversion wird in anderen Berichten behauptet, sie seien schon vor ihrem Begräbnis z. B. durch Erwürgen oder Erschlagen gestorben.

Sonntag, 24. August 2008

Auch in Argentinien gibt es Sudoku

In der hiesigen Tageszeitung Rio Negro findet der Leser auf der letzten Seite eine bunte Rätselmischung, darunter drei verschiedene Sudoku-Rätsel verschiedener Schwierigkeitsgrade.

Das unten stehende Sudoku bringt mich zur Verzweiflung, ich finde einfach keine weitere Zahl. Die schwarzen Zahlen sind die vorgegebenen, die gelben Ergebnis meiner bisherigen Berechnungen. Wer mir einen weiteren Lösungsweg (keine Versuch-und-Irrtum-Methode) zeigen kann, gewinnt ...



Hochachtung und Anerkennung!

Samstag, 23. August 2008

Gletscher Perito Moreno kalbt

Während wir im Norden des Landes unterwegs waren, sorgte der Perito-Moreno-Gletscher im tiefsten Süden Patagoniens für Aufsehen, als er einen riesigen Stoß seines massiven Eises in den Lago Argentino erbrach. Der Gletscher gehört zu den wenigen kontinentalen Eisflächen, die noch wachsen!



Weitere interessante Informationen und Filmaufnahmen finden sich auf der Seite von Lupacorp.com ... und natürlich bei YOUtube.

Auf der Karte sieht man die Provinz Santa Cruz, die von der Ruta 40 (siehe Post) durchzogen wird und mit vielen Sehenswürdigkeiten wie versteinerten Wäldern Bosques Petrificados Sarmiento, historischen Höhlenmalereien Cueva de las Manos und natürlich Nationalparks wie dem Parque Nacional Los Glaciares aufwartet.


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