Sonntag, 25. Februar 2007

Buenos Dias Bariloche!

San Carlos de Bariloche. Herzliche Grüße vom Ende der Welt senden euch Birgit und Marc! Nach drei Wochen haben wir uns in unserem "kleinen Nest" Bariloche (rund 100.000 E) am Fuße der patagonischen Anden bereits sehr gut eingelebt, ein kleines Heim bezogen (Koordinaten: 41° 08’ 13“ S, 71° 19’ 11“ W), die Umgebung erkundet und hasta ahora un poquitito castellano gelernt (sprich: kasteschano, so heißt die spanische Sprache in Südamerika).
Bueno, was gibt es aufregendes vom Ende der Welt zu erzählen? Der Sommer zeigt sich seit unserer Ankunft von seiner schönsten Seite, der leise bis laute Wind kühlt alles ein bisschen runter und der See Nahuel Huapi schimmert in den verschiedensten Blautönen. Und während in Deutschland um diese Abendstunde tausende kleine Kinderherzen bereits seelenruhig vor sich hin schlummern und in Los Angeles der Pulsschlag vieler Stars auf der Oscar-Verleihung steigt und die Tränchen kullern, verwandelt sich mitten dazwischen in Bariloche ein wunderschöner Spätsommertag in einen sternenklaren Himmel. Allzu viel Aufregendes gibt es aus der Stadt eigentlich gar nicht zu berichten, denn Bariloche ist in seiner Mischung aus schweizerischen Chalets, touristischen Geschäften und südeuropäischen Häusern kaum von einer schweizerischen oder südeuropäischen Touristenstadt zu unterscheiden, nur das hier alles völlig durcheinander ist. Neben dem Hotel „Edelweiss“ logiert die „Parilla de Julian“, die Hauptstraße „Bartolomé Mitre“ kreuzt die „Frey“ und die „Bescheidt“ und die Bernhardiner tragen Rettungsfässer fürs Foto-Shooting vor dem Centro Civico, dem örtlichen Fremdenverkehrszentrum (Foto links).

Das einzige, was uns wirklich immer wieder daran erinnert, in Argentinien zu sein, ist die noch fremde Sprache und die damit verbundenen Witzigkeiten. Na gut, und da im Februar gerade Sommer ist, kann man es auch nicht mehr mit Spanien verwechseln. Okay, die Anden rund herum sehen auch nicht grad nach Niederrhein oder Bergischem Land aus. Ein Wort zum castellano: einige Buchstaben und Laute werden anders als im spanischen Spanisch (español) ausgesprochen und viele Wörter haben verschiedene Bedeutungen. So darf man in Argentinien auf keinen Fall einen Bus nehmen (coger) wie in Spanien, da „in Südamerika das Verb ausschließlich im Sinn von „eine Frau nehmen“ verwendet [wird]. Man macht sich schnell zum Gespött, wenn man „einen Bus vögelt“.“ Aber für solche Tipps hat man ja den Lonely Planet, und außerdem können wir ja auch gar kein español. Spannend sind trotzdem die netten, kleinen Erlebnisse so zwischendurch, zum Beispiel bei der amtsärztlichen Untersuchung, als ich auf die Frage, was ich hier mache, sage, dass ich „zweihundert“ sei. Ich hatte docente so undeutlich ausgesprochen, dass doscientos dabei heraus kam. Beim Ausfüllen der ganzen Formulare, die übrigens ficha und nicht fecha heißen, denn fecha heißt Datum, musste ich auch erst mal dahinter kommen, dass firma Unterschrift bedeutet. Ich hab aber nicht überall "Bundesverwaltungsamt" hingeschrieben, da mir das schon ein bisschen spanisch vorkam.

Montag, 5. Februar 2007

Bienvenido en Argentina!

Buenos Aires. Da sind wir nun. Nach fünf Monaten mentaler Einstimmung, drei Monaten organisatorischer Vorbereitung und insgesamt 22 Stunden Transfer – 13 Stunden davon nonstop im Gepäckabteil, während Birgit in der Business Class Schnecken schlürfen durfte – betreten wir einen neuen Kontinent: One giant step for a man, but one minimal leap for mankind (frei nach Neil Armstrong). Da bereitet man sich fünf Monate mental auf die Ausreise vor, organisiert ohne Ende Wohnungsauflösungen, Umzüge, Flüge, Versicherungen, Krankenkassen, Rentenansprüche, Reise- und Dienstpässe, Visa, macht zwischendurch noch ein paar Prüfungen, eine Hochzeit, einen kleinen Unfall und so weiter … und dann: Buenos Aires! Tatsächlich! Man ist tatsächlich da. Es ist Sommer mitten im Februar, 36 Grad Celsius, laut, groß, schwül, einfach unglaublich. Und das Ganze auch noch für länger … in Bariloche jedenfalls. Im Flugzeug (der Jumbo oben auf dem Foto parkte übrigens neben "unserem" Airbus) kamen erste Zweifel: Was zum Teufel machen wir da? Wer kommt auf die bescheuerte Idee, für zwei Jahre oder mehr nach Argentinien zu gehen? Wir sagten zum Piloten: Okay, wir wissen jetzt, dass wir es durchziehen würden, wir können jetzt umdrehen … Dann, mitten über dem Atlantik, mitten in der Nacht gewinnt die Abenteuerlust, das Fremde lockt – der Point of no Return.

In Buenos Aires bleiben wir ein paar Tage, müssen zur deutschen Botschaft und andere Formalitäten erledigen. Zum Glück liegt ein Wochenende dazwischen, so dass wir etwas Zeit für die Stadt haben: die Avenida 9 de Julio, die angeblich breiteste Straße der Welt (sie ist tatsächlich mächtig breit), „La Bombonera“ (die Bonbonschachtel), das berühmte Stadion der Boca Juniors mitten im Arbeiterviertel La Boca, von dessen Balustrade sich Maradona gerne herunter zu stürzen scheint, oder der „Cementerio de la Recoleta“, wo die Reichen und Schönen der Stadt in ihren Grüften begraben liegen und natürlich Evita (Eva Perón), die „Wohltäterin“ der Armen und Hemdlosen.

„Sach mal, hundert Dingsbums sind doch ein Dings, oder?“, fragt mich Birgit, als wir auf dem Weg zur Subte (Subterráneo) unsere neuen argentinischen Pesos und Centavos für die Fahrkarten sortieren wollen. Beim Griff in den Rucksack, um nach dem Geld zu fischen, patscht sie in flüssige Schokolade, die wir darin vergessen hatten. Was wir auch vergessen hatten: es ist Sommer, 36 Grad und wir sind in Buenos Aires. Der Kugelschreiber ist voll Schoki, der Stadtplan auch, das Talismann-Stofftier wird später im Springbrunnen geduscht. Es ist so heiß und feucht, dass die Kleider am Leib kleben, dass man abends jedes Kleidungsstück mühevoll von der Haut ziehen muss. Erst a las ocho de la tarde weht ein laues Lüftchen über den Plaza de Mayo und verschafft einen Hauch von Kühlung. Bevor es ins klimatisierte Appartment geht, kehren wir im „Broccolino“ ein, wo uns Nico, der mit seinen etwa 67 Jahren lange nicht der älteste Kellner ist, nach der Frage nach unserer Nationalität mit „Willkommen“ begrüßt. Er rät uns freundlich aber bestimmt von dem zusätzlichen Salat ab, den wir nach der schon üppigen Vorspeise (ein Haufen gebackene Zucchini, so groß wie Wiener Schnitzel) zur Hauptspeise bestellen wollen: „No, no, Señores! It`s too much!“ Als wir andere Salate an uns vorbeiziehen sehen, sind wir für diesen Rat sehr dankbar - und erst recht, als unsere Hauptspeise kommt: riesige Pastateller.

Die Tickets für den Inlandsflug nach Bariloche, das rund zwei Flugstunden entfernt ist, wollen wir auf Empfehlung im Reisebüro von Federico Nitka bestellen, der deutsch spricht. Das Reisebüro ist nicht leicht zu finden, trotz Adresse. Keine Werbung und kein Schaufenster weist auf das Geschäft in der Avenida 25 de Mayo hin. Es ist das Büro Nummer 40 im sechsten Stock eines anonymen Hochhauses. Leider erreicht man das Büro nur, wenn man den richtigen Aufzug nimmt, die nicht beschildert sind. Durch die Hintertür einer Wohnung eines anderen Flures werden wir schließlich "eingeschleust". Im Büro sitzen zwei Mitarbeiterinnen und Federico an vier Schreibtischen, ansonsten ein kahles Büro, keine Plakate an den Wänden versprechen Karibik, keine Werbung lockt für günstige Flüge, keine Neckermann-Kataloge in den nicht vorhandenen TUI-Werbeständern. Aber wir können mit VISA zahlen.

Für alle, die mal bei uns vorbei schauen wollen: ein Inlandsflug, den man von Deutschland aus nicht mitbuchen kann, kostet (für euch natürlich retour berechnet) rund 200 Euro p. P., es geht aber auch für 130 Euros, wenn man hier früh genug bucht. Für den Transkontiflug hab ich auch ein paar gute Links für Interessierte, bitte anfragen. Nach fünf heißen Tagen in Buenos Aires sind wir jedenfalls froh, endlich nach Bariloche weiter fliegen zu können, wovon wir uns mehr Entspannung versprechen.