Samstag, 13. September 2008

Tren a las Nubes

Er zählt zu einer der Hauptattraktionen, die Argentinien zu bieten hat, in jeglichen Reiseführern und Magazinen wird der Tren a las Nubes, der Zug in die Wolken, als ein Muß beschrieben. Die Arbeiten zu dieser spektakulären Eisenbahnlinie begannen in den 1920er Jahren und dauerten über zwei Jahrzehnte bis zu seiner kompletten Fertigstellung. Der Zug verband einst die Stadt Salta an der östlichen Andenseite mit der chilenischen Pazifikküste auf der anderen Seite des Gebirges. Heute fährt der Zug jedoch nur noch ein Drittel seiner Strecke und gilt seither nicht mehr als gewöhnliches Fortbewegungsmittel, sondern als eine Touristenattraktion der besonderen Art. Beindruckender als auf jeder Kinoleinwand und entspannter als während einer Höhenwanderung erlebt der Fahrgast bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h die Schönheit der Berge und Täler der Region und wird Zeuge, wie die Landschaft sich vom einen zum nächsten Augenblick verändert. In Salta nährt noch das satte Grün der saftigen Wiesen die Kulisse, mit Eintritt in die Anden ändert sich das Bild jedoch abrupt. Tiefe Felswände und Schluchten wirken imposant und respekteinflößend, die Farben der verschiedenen Gesteinsschichten reichen von kaminrot über orange und ocker bis hin zu dunkelbraun und schwarz. Sie scheinen die bedrohliche Szenerie geradezu zu besänftigen und abzumildern. Die vielen Kolonien von riesigen Kandelaber-Kakteen, wirken wie stumme Zeugen der ständigen Wandlung der Landschaft.

Auf dem Weg durch die Anden passiert der Zug zahlreiche Tunnel, Brücken und Viadukte. Er quält sich dabei sich auf eine Höhe von 4200 Meter ü. d. M. hinauf, bis er schließlich den Viaducto La Polvorilla - mit seinen 224 Metern Länge und 65 Metern Höhe eine Ingenieursleistung höchster Klasse - erreicht. Nach einem kurzen Aufenthalt geht die Reise zurück, was jedoch nicht einfach nur einem Rückweg gleicht, da die andere Richtung neue Perspektiven eröffnet, den Blickwinkel erweitert. Inzwischen ist auch die Sonne ein Stück weitergelaufen, und somit sorgen auch die veränderten Lichtverhältnisse für viele neue Eindrücke.

Wahrlich: ein Genuß, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Einen Schatten hat das Ganze jedoch. Auch, wenn man bester Gesundheit ist und einem die Höhe und tiefe Abgründe nichts ausmachen, so erleidet man jedoch beim Preis einen akuten Schwindelanfall: Die Fahrt für eine Person kostet inzwischen stolze 140 US-Dollar!!

Die Entscheidung gegen diese Fahrt fällt uns dadurch leicht. Stattdessen fahren wir mit unserem luftigen Mietwagen (er hat ja keine Heckscheibe mehr) im
mer schön neben der Eisenbahnlinie her, kreuzen die Schienen hier und da und erleben das Ganze Spektakel eine Nummer kleiner. Der Vorteil: den Anblick der unzähligen Brücken und Viadukte können nur wir genießen, die Zuggäste müssen schauen, dass sie sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Oben in dem Dörfchen San Antonio de los Cobres machen wir Rast und bestellen uns das billigste Mittagessen unseres gesamten Argentinienaufenthaltes (eine Pizza, zwei riesige Lomitos und drei Empanadas für 24 Pesos - soviel kostet ein günstiges Lomito in Bariloche). Der Ort wirkt trotz oder gerade wegen seiner Öde und Kargheit interessant und geradezu unwirklich. Er scheint wie das Dorf einer Modelleisenbahn, nur dass der Konstrukteur vergessen hat, die Bäume aufzustellen und die Häuser anzumalen. Wir haben jedoch diesmal wenig Zeit, um noch mehr Eindrücke einzufangen, zu sehr drängt das Auto auf eine neue Heckscheibe.

Nachtrag:
Auch, wenn wir mit dem Zug hätten fahren wollen, wäre dies nicht möglich gewesen. Vor drei Jahren war vorerst der Betrieb eingestellt und der Firma die Lizenz entzogen worden, da der Zug mitten auf dem Viadukt La Polvorilla stehen geblieben und nicht mehr zu bewegen war. Die Gäste wurden in schwindelerregender Höhe evakuiert. Seit dem 6. August 2008 fährt er nun wieder. Mit neuer Firma, neuer Lizenz und hoffentlich neuem Motor! Leider waren wir zwei Wochen zu früh da, aber für das gesparte Geld konnten wir eine Woche länger Urlaub machen! :-)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Auch wir haben den Tren a las nubes verpasst...vielleicht nochmal ein Grund nach ARG zu reisen? Aber der Norden ist auch sonst toll, oder? Grüsse aus den Schweizer Zürcher Oberland,
Traveldan