Freitag, 6. Juni 2008

Wo kommt eigentlich das Sauerkraut her? - Paso Flores Teil 1

Wenn das Heimweh unser Gemüt beschwert, das Bife de Chorizo kurzfristig an Attraktivität verliert und man sich Currywurst rot-weiß oder Döner herbei sehnt, dann steigen hier - 12.000 Kilometer weitab von heimischen Gefilden - die Bemühungen, Schätze der deutschen Esskultur zu erstehen und werden durchaus von Erfolg gekrönt. Neben Gulasch con Spatzle, Strudel de manzanas (Apfelstrudel) und salchichas tipo aleman (deutsche Bratwürstchen), die man hier in vielen Restaurants bestellen kann, ist das Chucrut (Sauerkraut) hier ein absoluter Renner. Wenn wir in der Stadt an einem der wenigen Geschäfte vorbei gehen, das im Schaufenster ein Schild mit der Aufschrift Hay chucrut! (es gibt Sauerkraut) hängen hat, kommen auch wir zuweilen in Versuchung, ein Pfund mitzunehmen. Der Großteil des Chucrut, das hier verkauft wird, kommt aus Paso Flores. Durch die deutsche Gemeinschaft hier in Bariloche hatten wir schon viel davon gehört, konnten uns aber eigentlich nie etwas darunter vorstellen. Die erste und einzige Assoziation beim Hören dieses Namens war bei uns stets, dass es sich dabei um die Leute handeln müsse, die für die ganze Region das Sauerkraut machen. Aber, wer oder was war Paso Flores wirklich? … Es sei schön dort und eine Reise wert, so sagte man uns auf Nachfragen. Neugierig und ein wenig alltagsmüde machten wir uns dann Ende April auf den Weg nach Paso Flores. Ein verlängertes Wochenende stand an und mit zwei argentinischen Journalisten im Schlepptau (die ebenso, wenn nicht noch neugieriger waren als wir) sollte es möglich sein, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Nach einer etwa zweistündigen Fahrt an der Talsperre Embalse de Piedra de Aguila, danach links und dann 36 km auf unbefestigten Pisten gerade aus durch die patagonische Steppe ... und irgendwann erhebt sich aus dem Nichts die Estancia Paso Flores. Sowohl in deutscher als auch spanischer Sprache wird man willkommen geheißen. Das Gelände gleicht einem Kloster, einer Jugendherberge, einem Bauernhof und einer Begegnungsstätte zugleich. Ein Spaziergang auf dem Gelände, vorbei an Gemüsegärten, Ställen, Weiden, lässt uns an das friedliche Leben der Familie Ingalls (Unsere kleine Farm) erinnern. Sogar ein eigener Friedhof zeugt von der Autonomie und Abgeschiedenheit dieses Ortes. Nach dem Mittagessen haben wir die Möglichkeit, mit Klaus zu sprechen. Klaus hat Deutschland im Alter von 6 Jahren zusammen mit seiner Familie verlassen, das war Mitte der fünfziger Jahre. Nach dem Krieg hatte sich in Pforzheim eine Gruppe gläubiger Menschen gebildet, die aber durch die vergangenen Jahre den Glauben an die Kirche verloren hatte, der Bibel jedoch als Grundlage ihres Glaubens und Lebens treu bleiben wollten. Da man immer mehr erkannt hatte, dass ein Leben in Deutschland nicht mit diesen Überzeugungen zu vereinbaren sei, verspürte man immer mehr den Wunsch Deutschland zu verlassen. Das war die Idee, die Umsetzung blieb jedoch erstmal ein Traum. Verschiedenste Versuche, in anderen Ländern Arbeit und eine neue Heimat zu finden, schlugen fehl. Die Menschen aus Pforzheim begegneten viel Misstrauen und Unglauben, so traf man sich weiterhin regelmäßig zu gemeinsamen Bibelstunden in der Konditorei von Klaus' Vater. Bis eines Tages ein englischer Seemann in einer Londoner Zeitung ihre Anzeige las ...

Fortsetzung folgt

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