

Grin|go [ˈgriŋgo], der; -s, -s [span.]: früher im span. Lateinamerika abwertend für Nichtromane, bes. Angelsachse (wahrscheinl. zu span. griego = "griechisch", übertr. auch "unverständlich, fremd"; "Esto es griego para mí."); heute Fremder in Südamerika, der eine nichtromanische Sprache spricht, in Argentinien allgemein für Immigranten, besonders aus Nordamerika, aber nicht aus Spanien, normalerweise nicht mehr als abwertend zu verstehen
Bueno, die Schule pilgert jedenfalls heute Morgen geschlossen in die Stadthalle und alles von Rang und Namen ist geladen: Botschafter, Landesministerin für Bildung, Vorstandsvorsitzender samt Vorstand der Schule, Bürgermeister, Tourismussekretär, Polizeidirektor, Honorarkonsul, Ehemalige und Förderer der Schule, ehemalige Schüler, ehemalige Lehrer, Eltern und die aktuellen Schüler dürfen auch kommen. Die Schuldirektorin darf sogar mitten in der ersten Reihe sitzen, während die rund 700 Kindergartenkinder und Schüler die seitlichen und rückwärtigen oberen Ränge füllen. Auf dem Parkett nehmen derweil die etwa 200 geladenen Gäste Platz, und das nicht etwa eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn, sondern genau rechtzeitig, so dass sich natürlich alle Gäste gleichzeitig zu ihren Plätzen drängeln. Mit zehn Minuten "Verspätung" (nach deutschem Empfinden) geht es schon los. Zum Glück folgt auf jede spannende Rede ein unterhaltsamer und lehrreicher Auftritt, so sehe ich mitten im tiefsten Argentinien wohl zum ersten Mal im Leben einen echten Schuhplattler live. Nach dem Botschafter nämlich, der sich freundlicherweise an Mark Twains Ausspruch hält, eine Rede müsse einen guten Anfang und ein gutes Ende haben und beide sollten möglichst dicht bei einander liegen, tritt tatsächlich die schuleigene Tanzgruppe „Alpenrose“ auf! Damals war ich wahrlich erstaunt, als auf der Internetseite der Deutschen Schule zum ersten Mal was von der „Alpenrose“ las, aber jetzt komme ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Einfach unglaublich, was die Teenies da in
original bayrischen Kostümen aufs Parkett legen. Die Gruppe hat vor drei Jahren sogar einen Vizeweltmeistertitel aus Deutschland mit nach Hause gebracht. Nach der Rede des Bürgermeister führt eine andere Schülergruppe einen argentinischen Volkstanz auf, wahrscheinlich ein chacarera, wobei ich mir da nicht ganz sicher bin. Getanzt wird dabei in Paaren, aber ohne Handfassung, Tänzer und Tänzerin umkreisen einander und versuchen sich durch bestimmte Bewegungen und Schrittfolgen zu beeindrucken. Am meisten haben sie allerdings mich beeindruckt, insbesondere, als
nach weiteren Reden und Choreinlagen beide Gruppen zusammen zum Abschluss eine selbst kreierte, sozusagen interkulturelle Choreographie zeigen. Nebenbei mache ich eine interessante Beobachtung: Während der ganzen Veranstaltung ist zu beobachten, wie auf den Rängen ein allgemeines Gewusel herrscht, die Kinder rutschen und rüseln herum, hören dann und wann wieder gespannt dem Botschafter zu, dessen starker Akzent ihre Aufmerksamkeit bannt, wuseln wieder lautlos rum und schauen dann wieder bezaubert den Tänzerinnen und Tänzern zu. Auf dem Parkett hingegen ist nur ein leichtes Wanken der Köpfe der andächtig lauschenden Erwachsenen zu sehen, ihr ganzer Bewegungsdrang scheint erstickt, sozusagen aberzogen. Ein faszinierender und nachdenklich stimmender Gegensatz.
El acto ist angenehm kurz und kurzweilig, so dass wir gegen Mittag zur Schule zurückgehen und uns endlich den Häppchen zuwenden. In gemütlichem Beisammensein sehen sich viele Ehemalige der Schule nach langer Zeit hoch erfreut wieder, allerhand wichtige Leute werden allerhand anderen wichtigen Leuten vorgestellt und weitere wichtige Leute sprechen ganz viele – wie ich doch wohl trotz schwer verständlichem castellano ganz leicht vermute – warme Worte zum Jubiläum aus. Nachdem der Botschafter noch irgendwelche Geschenke überreicht und Hände geschüttelt hat, werden wir bekannt gemacht und er fragt mich, wie ich denn nach Bariloche gekommen sei. Ich bin drauf und dran, meine Lieblingsantwort zu geben, ich sei mit dem Flugzeug gekommen, entscheide mich dann aber doch für die „diplomatische“ Variante und erzähle über den Bewerbungsweg. Wer weiß, wofür ich den Herrn Botschafter noch brauche … Der heutige Feiertag endet schließlich mit einem Filmbeitrag in den 19-Uhr-Nachrichten (noticias) im lokalen TV-Sender Canal 6 de Bariloche. À propos Fernsehen, da könnte ich euch auch noch so einiges über das argentinische Fernsehen erzählen, aber das soll für heute reichen. Good night, and good luck.
Heute gab`s also asado. Das ist nicht nur irgendein Stück Fleisch (ein wirklich ellenlanges Stück Rippensteak), „es ist ein Ritual, das am Wochenende von dem meisten Familien praktiziert wird … Gegrillt wird nicht wie in Europa auf Holzkohle, stattdessen wird hartes Holz verbrannt, die dabei entstandene Glut unter ein Rost gezogen, und darauf wird gegrillt. Ein Asado besteht aus einer bestimmten Folge von verschiedenen Würsten und Fleischstücken, das Essen dauert mindestens drei Stunden, und die Kunst des Asadors besteht darin, das richtige Stück Fleisch oder Wurst zum richtigen Zeitpunkt richtig gegart zu haben.“, sagt jedenfalls der Reiseführer*. Das Ganze sei im Buch „El asador“ wunderbar auf die Schippe genommen, sagt Ernst und schmunzelt – und serviert auf der Glut harten Holzes gegrilltes, mit Kräutern gewürztes, bestes patagonisches Lamm. Traumhaft köstlich! Weil wir hier seit unserer Ankunft fast nur mit Deutsch-Argentiniern zu tun haben, die eben teilweise noch recht deutsch sind und nicht jede Woche asado machen, mussten wir eben vier Wochen auf unser erstes (kleines) asadito warten. Das ist allerdings auch gar nicht weiter tragisch, denn jedes Wochenende könnte ich so viel chorizos (gewürzte Bratmettsalamiwürste), pollos (Hühnchen), asados de tira (Rippensteak) und corderos patagónicos (Lamm) gar nicht essen. Die nächsten zwei Wochen reichen mir Wasser und Brot! Zum Glück sind wir nicht mehr zu den morcillas (Blutwurst) gekommen, denn die sind ebenso wenig nach meinem Geschmack wie manch anderes, was Argentinier so auf den Grill schmeißen: chinchulines (Därme nur mit Milch genährter Rinder), riñones (Niere) und andere Innereien. Zum Glück ist Ernst so deutsch, dass er das Zeug gar nicht erst gekauft hat. Morgen wollen wir per pedes Bariloches Hausberg, den Cerro Otto (1405m), erklimmen, um endlich mal einen Panoramablick über die Stadt werfen zu können. Da bleiben dann sicher schon ein paar Gramm chorizo auf der Strecke.