Sonntag, 11. Januar 2009

Tierische Clowns

An vielen patagonischen Küstenabschnitten kann man sie finden. Die berühmteste Kolonie lebt am Punta Tombo, circa 60 Kilometer südlich der Industriestadt Rawson. Dort brütet in den Sommermonaten eine halbe Million der Art Magellan-Pinguin (Spheniscus magellanicus). Wir entscheiden uns jedoch einen anderen, touristisch nicht so überlaufenen Ort zu besuchen, die Cabo dos Bahias, um diese netten Artgenossen zu sehen. Suchen muss man sie dort auch nicht, denn schon am Parkplatz präsentieren sich die kleinen Spaßvögel zahlreich. Die meisten stehen regungslos und hochschnabelig der Sonne zugeneigt und zeigen kein besonderes Interesse an uns Zweibeinern. Die Sonne, die Luft und das Meer scheinen sie vollends zu genießen, sie wirken rundherum zufrieden, entspannt und Daseins-bejahend, dass man sich wünscht, ein Pinguin zu sein. Der Schein zu Anfang trügt jedoch etwas. Ein paar Schritte weiter eröffnet sich das, was zunächst wie eine Massendemonstration von Charlie-Chaplin-Fans aussieht. Hat sich das Auge jedoch an die Weite gewöhnt, erkennt man eine schier unendliche Pinguin-Metropole, aus der es stetig quietscht, schmatzt, brummt und knurrt. Man läuft durch diese Kolonie im Schneckentempo, schafft es kaum seine Augen auf den wackeligen Steg zu richten, so viel gibt es zu sehen und zu entdecken. Es kommt einem vor, als betrachte man ein großes Wimmelbild: Hier werden die Federn des einen gesäubert, dort werden Junge gefüttert, weiter hinten streiten sich zwei andere Pinguine. Dabei scheint es um etwas Ernstes zu gehen, denn die beiden gehen mit größter Brutalität aufeinander zu und schlagen sich - klappklappklapp - mit ihren Flügeln. Andere wiederum zeigen dann doch einen Anflug von Neugierde und betrachten uns eindringlich, als ob Außerirdische auf ihrem Planeten gelandet seien. Bei allem was sie tun - sei es gehen, stehen, laufen, streiten, putzen oder essen - wirken die kleinen Tiere so tollpatschig, plump und ungeschickt, dass die bloße Beobachtung eine wahre Freude ist und jedem Besucher ein Lächeln entlockt. Hier und da passieren Missgeschicke, die mit jedem Video von „Pleiten, Pech und Pannen“ mithalten könnten. Mehrmals beobachten wir, wie Pinguine stolz und aufrecht einen Berg erklimmen, um sogleich mit voller Kraft gegen den gespannten Besucherzaun zu prallen. Hier und da stoßen zwei zusammen und oder fallen zu Boden, was ihnen jedoch Nichts auszumachen scheint, denn sofort geht man seines Weges weiter, als ob nichts gewesen wäre. Das Agieren zu Land scheint derartig unökonomisch und aufwendig zu sein, dass ich mich fragen muss, ob es nicht furchtbar anstrengend und nervig sein muss, in solch einem Körper geboren zu sein. Informationsschilder belehren uns jedoch, dass sich die Pinguine Studien zufolge auch an Land geradezu ökonomisch effizient fortbewegen.

Ist man am Aussichtspunkt auf die Küste angelangt, wendet sich das Blatt drastisch, und die Herrschaften zeigen ihre Königsdisziplin: Man muss schon genau hinschauen, um die flinken Vögel im Wasser nicht mit Delfinen zu verwechseln. Wie in einem Rennen um Leben und Tod rasen immer wieder kleine Grüppchen auf den Strand zu, zu gleichen Teilen in der Luft und im Wasser. Man kann es kaum glauben, wie aus den behäbigen Wonneproppen auf einmal wendige Schwimmer werden können. Welch eine Verwandlung!

PS: Eine weitere interessante Beobachtung betrifft das Verdauungsverhalten. Die Ausscheidung geschieht mit einer derartigen Geschwindigkeit, dass man bei dem dabei entstehenden Geräusch an eine Feuerwerksrakete denken muss. Dies hat auch schon Forscher neugierig gemacht. Tatsächlich gibt es eine preisgekrönte Forschungsarbeit mit dem stolzen Namen: "Pressures Produced When Penguins Pooh".




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